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DIZZY SPELLS
two kinetic objects + wind driven keyboard.
different materials. ca. 100 × 200 × 600 cm each
2014
/ Collection of Zachęta National Gallery of Art, Warsaw (PL) /
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exhibited:
• VOID - IF THE UNIVERSE IS EXPANDING ARE WE DRIFTING APART TOO?
@ Kunsthalle Winthertur (CH) 2014
• RETUNING. Leszek Knaflewski and Soundscapes
@ CCA Ujazdowski Castle (PL) 2015
• DIZZY SPELLS
@MNAC (National Museum of Contemporary Art), Bucharest, (RO) 2016
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[DE]
Die Nähe zu Ton, Klang und Musik ist für Konrad Smolenski seit Beginn der künstlerischen Auseinandersetzung konstant geblieben. Dies beinhaltet Experimente mit elektronischen Frequenzgeneratoren und Synthesizern, das Auftauchen von Musikinstrumenten in Video- und Performancearbeiten, aber ebenso die Gründung einer Punkband, die unter dem Namen BNNT kurze und heftige Auftritte im öffentlichen Raum oder an Veranstaltungen absolviert. So verschieden die klanglichen Produkte sich anhören mögen, so sind sie stets von einem gewissen Mass an Reduktion und Aggression geprägt. Ein Schlagzeug geht schon mal in Flammen auf, Smolenskis Gitarre für die BNNT-Performances sieht aus wie eine Tomahawk-Rakete und generell sind die Darbietungen ausgesprochen laut und monoton.
Aggression und Poesie
Everything was forever until it was no more (2013) wurde von Smolenski für den polnischen Pavillon an der Biennale in Venedig konzipiert und ist nun im CentrePasquArt in einer aktualisierten Version zu sehen: Zwei riesige Glocken werden in Schwingung versetzt, das erzeugte Glockengeläut aufgezeichnet, gesampelt und über riesige Lautsprecher wieder abgegeben. Nicht nur physisch, auch akustisch hat diese Arbeit eine geradezu brutale Präsenz; gleichzeitig wohnt ihr etwas sehr Poetisches inne, denn die von einem echten Glockenmacher gegossenen Artefakte bleiben mit ihrem harmonischen Klang immer auch urtümlich und anheimelnd.
Die in der Kunsthalle Winterthur gezeigte Arbeit Volume Unit (2014) mag vom Massstab her zunächst wie die Antithese zu Everything was forever... erscheinen: Kleine, analoge VU-Meter sind auf einem Mikroständer mit kleinen Steuereinheiten verkabelt. Um die altertümlichen Anzeigen herum ist es still, doch befinden sich sämtliche Zeiger im roten Bereich; offenbar erhalten sie ein ziemlich heftiges Signal und paaren derart die eigene Fragilität mit etwas sehr Aggressivem – das womöglich jederzeit über den Ausstellungsbesucher hereinbrechen kann.
Verausgabung und Erschöpfung
‚Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können’ sagt Nietzsche. Dieses Zitat charakterisiert den anarchistischen Zug von Smolenskis Arbeiten ziemlich gut; gleichzeitig verweist der Begriff des Gebärens auf etwas Schmerzhaftes und Kräftezehrendes. Die Schaffung von Neuem ist immer auch mit dem Verbrauch von Bestehendem verbunden und dieses kräftezehrende Moment, die Verausgabung bis hin zur Erschöpfung, spielt in den Arbeiten des Künstlers immer wieder eine wichtige Rolle.
Die dominierende Arbeit im Oberlichtsaal der Kunsthalle ist Dizzy Spells (2014), zwei aufblasbare röhrenartige Figuren, wie man sie aus Vergnügungsparks oder als Werbeträger kennt, in Kombination mit einem modifizierten Harmonium. Die sogenannten Windy Men kommen normalerweise bunt und lustig daher, bei Smolenski sind es grimmige Maskenmänner, die weniger an einen Kindergeburtstag, sondern vielmehr an einen Fetisch-Keller erinnern. Smolenski hat ausserdem die Ventilatoren, welche die Figuren mit Luft versorgen, so programmiert, dass diese immer wieder in sich zusammenzusacken. Zusammen mit den monotonen und lauten Klängen des Harmoniums, das lediglich wenige Akkorde spielt, ergibt sich daraus eine ausgesprochen melancholische Atmosphäre.
Die kreative Verausgabung, die mit selbstzerstörerischer Erschöpfung einhergeht, versinnbildlicht vielleicht die Skulptur On Air (2014) am besten: Ein Kabel führt zu einem schematisierten Instrument, dieses wiederum ist an einer Umhängeschlaufe befestigt. Der Musiker selber ist längst verschwunden, sein zurückgelassenes Instrument deutet ihn nur noch als vornüber gebeugte Leerstelle an. Auch in The Stage (2014) bleibt die Bühne im wahrsten Sinne des Wortes leer: Am Eröffnungsabend lässt sich Smolenskis Band BNNT zwar vielleicht zu einer Performance auf der mit Pflanzen verstellten Konzertbühne hinreissen, doch bleibt die Installation für den Rest der Ausstellung leer. Die Abwesenheit des Künstlers ist Drohung und Trost zugleich: Einerseits verweist sie auf die Vergänglichkeit des Schöpfenden, andererseits auf das möglicherweise weitaus längere Leben des von ihm Geschaffenen.
- Oliver Kielmayer